Vitamin-A-Ergänzung kann 600.000 Kindern pro Jahr das Leben retten – Große Übersichtsstudie publiziert

Als „sensationell“ und „einschlägig“ beschreiben britische und pakistanische Forscher die in dieser Woche im „British Medical Journal“ erschienenen Ergebnisse einer umfassenden Meta-Analyse:
Vitamin-A-Präparate könnten die Kindersterblichkeit deutlich senken und jährlich 600.000 Kinderleben retten. (BMJ 2011; 343: d5094)

Weltweit leiden 190 Millionen Kinder unter fünf Jahren an Vitamin-A-Mangel

Karatschi – In einer großen randomisierten klinischen Studie werteten Professor Zulfiqar Bhutta und sein Team vom Aga Khan Universitätsklinikum in Karachi (Pakistan) die Ergebnisse von 43 Untersuchungen zur Vitamin-A-Supplementierung bei Kindern in Entwicklungs- und Schwellenländer aus. Insgesamt umfassten die verschiedenen Untersuchungen mehr als 200.000 Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.

Ergebnis: Die Übersichtsstudie ergab, dass die Vitamin-A-Ergänzung die Gesamtsterblichkeit der Kinder in Entwicklungs- und Schwellenländern um 24 Prozent senkt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von weltweit 190 Millionen Kindern unter fünf Jahren aus, die an Vitamin-A-Mangel leiden. Eine Vitamin-A-Ergänzung könnte damit jedes Jahr 600.000 Kindern das Leben retten, so Professor Bhutta, Leiter der Studie. Das Forschungsteam fordert nun eine schnelle Hilfe für die gefährdeten Kinder. Weitere Placebo-Studien bezeichneten die Forscher als „unethisch“, zumal der großartige Nutzen einer Vitamin-A-Ergänzung belegt ist und die Ergänzungspräparate kostengünstig seien.

Ursprünglich diente die Vitamin-A-Ergänzung, ausschließlich dafür, Erblindungen durch Xerophthalmie (Hornhautaustrocknung) zu vermeiden. Erst später entdeckten Forscher, dass Vitamin A ebenfalls die Widerstandsfähigkeit von Kindern gegenüber Infektionserkrankungen und Lungenkrankheiten deutlich steigert. Weltweit sterben 8 Millionen Kinder jedes Jahr, bevor sie ihren 5. Geburtstag erreichen – fast 70 % dieser Kinder sterben an Infektions- und Lungenerkrankungen.

Hintergrund: Wie sich Vitamin-A-Mangel zeigt

Das erste Symptom eines Vitamin-Mangels ist die Nachtblindheit, wenn sich das Auge nicht mehr an die Dunkelheit anpassen kann. Hinzukommen Wachstumsstörungen und Blutarmut (Anämie). Im weiteren Verlauf kommt es zum Austrocknen von Tränendrüsen, Bindehaut und Hornhaut (Xerophthalmie). Danach tritt eine Geschwürbildung der Hornhaut (Keratomalazie) auf, mit der Folge einer Erblindung. Die betroffenen Kinder sind zudem stärker anfällig für Infektionskrankheiten wie Durchfall und Masern und Bronchialerkrankungen.

Referenzen / Ausgewählte Studien

– Awasthi S, Peto R, Bundy D, Read S, Kourellias K, Clark S et al. Six-monthly vitamin A supplementation from 1 to 6 years of age. Abstract of talk at ILSI Micronutrient Forum, Istanbul, 16-18 April 2007.
– Benn CS, Fisker AB, Napirna BM, Roth A, Diness BR, Lausch KR et al. Vitamin A supplementation and BCG vaccination at birth in low birthweight neonates: two by two factorial randomised controlled trial. BMJ 2010;340:c1101.
– Beaton GH, Martorell R, Aronson KJ, Edmonston B, McCabe G, Ross AC et al. Effectiveness of vitamin A supplementation in the control of young child morbidity and mortality in developing countries. ACC/SCN State of the Art Series, Nutrition Policy Discussion Paper No. 13. Geneva: ACC/Subcommittee on Nutrition, 1993.
– Dibley M.J, Sadjimin T, Kjolhede CL, Moulton LH. Vitamin A supplementation fails to reduce incidence of acute respiratory illness and diarrhea in preschool-age Indonesian children. Journal of Nutrition 1996;126(2):434–42.
– Fawzi WW, Chalmers TC, Herrera MG, Mosteller F. Vitamin A supplementation and child mortality. JAMA 1993;269:898–903.
– Fawzi WW. The benefits and concerns related to vitamin A supplementation. Journal of Infectious Diseases 2006;193:756–9.
– Glasziou PP, Mackerras DEM. Vitamin A supplementation in infectious diseases: a meta-analysis. BMJ 1993;306:366–70.
– Sommer A, Tarwotjo I, Djunaedi E, West KP Jr, Loeden AA, Tilden R et al. Impact of vitamin A supplementation on childhood mortality. A randomised controlled community trial. Lancet 1986;8491(31): 1169–73.
– Thorne-Lyman, W. W. Fawzi. Improving child survival through vitamin A supplementation. BMJ, 2011; 343 (aug25 1)
– West KP Jr. Extent of vitamin A deficiency among preschool children and women of reproductive age. Journal of Nutrition 2002;132:2857–66.
– WHO. Vitamin A supplements; A guide to their use in prevention and treatment of vitamin A deficiency and xerophthalmia. Geneva: World Health Organization, 1997.
– WHO. Global prevalence of vitamin A deficiency in populations at risk 1995–2005. WHO Global Database on Vitamin A Deficiency. Geneva: World Health Organization, 2009.

 

Weiterführende Quellen:

Studien-Abstrakt British Medical Journal (BMJ 2011; 343: d5094)