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Cholin

Cholin dient der Synthese von Acetylcholin, einem wichtigen Nervenbotenstoff

Beschreibung

Cholin ist eine fettähnliche und lipotrope (am Fettstoffwechsel beteiligte) Verbindung, die in jeder menschlichen Körperzelle zu finden ist. Cholin bildet gemeinsam mit Inositol den „Nervenstoff“ Lecithin und ist für die Integrität der Zellmembranen verantwortlich. Essentielle Funktionen hat Cholin zudem im Nervensystem als Grundstoff des wichtigen Neurotransmitters Acetylcholin (für Gedächtnis- und Denkfähigkeit zuständig) sowie im Abtransport von Cholesterin und Fetten und damit dem Schutz der Leber. Obwohl der Körper geringe Mengen an Cholin selbst aus den Aminosäuren Methionin und Serin herstellen kann, muss Cholin zusätzlich über die Nahrung aufgenommen werden. Ein Mangel an Cholin kann die Folge verschiedener Faktoren sein und muss durch gezielte Supplementierung ausgeglichen werden um die Leber vor Fettanhäufung zu schützen und die Funktionalität des Nervensystems und der Zellenmembranen aufrecht zu erhalten.
Gedächtnis- und Lernstörungen sind ein spürbares Merkmal von Cholin-Mangel.

Funktionen und Anwendungsbereiche

Funktionen
• Synthese von Acetylcholin (Nervenbotenstoff)
• Integrität der Zellmembranen (Funktionsfähigkeit von Zellen)
• Fetttransport aus der Leber
• Ausscheidung von Giftstoffen

Synthese von Acetylcholin (Nervenbotenstoff)
Cholin ist essentieller Bestandteil des Neurotransmitters Acetylcholin, das im Gehirn und in den peripheren Zellen des Nervensystems synthetisiert wird. Acetylcholin ist einer der am häufigsten vorkommenden Neurotransmitter (Nervenbotenstoffe) und gewährleistet durch Weiterleitung von Nervenimpulsen (Reizübertragung) die geistige Funktionsfähigkeit, insbesondere das Gedächtnis- und Erinnerungsvermögen.
Acetylcholin
– fungiert als Botenstoff bei allen kognitiven Vorgängen wie den Konzentrations-, Gedächtnis- und Lernprozessen
– wirkt beruhigend und Stress abbauend

Integrität der Zellmembranen (Funktionsfähigkeit der Zellen)
Cholin wird als Bestandteil der Phospholipide beim Aufbau der Zellwände benötigt. Phospholipide sind Membranbestandteile, die die Funktionsfähigkeit von Zellen und Zellmembranen gewährleisten. In Gehirn-, Rückenmarks- und den peripheren Nervenzellen dient Cholin zudem dem Aufbau der schützenden Myelin-Ummantelung.

Fetttransport aus der Leber
Cholin dient als Bestandteil von Phospholipiden der Verarbeitung und dem Transport von Cholesterin und anderen Lipiden (Fetten) aus der Leber in die verschiedenen Körpergewebe. Ist der Cholin-Status zu niedrig, kommt es zur Einlagerung von Fetten in den Hepatozyten (Leberzellen) bis hin zur Fettleber, Leberfunktionsstörungen und akuten Leberschäden. Phosphatidylcholin ist zudem ein Emulgator der durch Zerlegung von Fetttröpfchen („Micellen“) die Fettverdauung im Dünndarm ermöglicht.

Ausscheidung von Giftstoffen
Cholin unterstützt das in der Leber ansässige Enzymsystem, das zur Entgiftung und zur Ausscheidung von Arzneimittel-Wirkstoffen, Karzinogenen und Umweltschadstoffen dient.

Anwendungsbereiche
• Morbus Alzheimer
• Bewegungsstörungen
• Verbesserung der Hirnfunktionen
• Alkoholkonsum
• Unterstützung der Leber
• Gallenstein-Prophylaxe
• Herz-Kreislauf-Störungen

Morbus Alzheimer

Untersuchungen an Morbus Alzheimer-Erkrankten ergaben, dass ihr Gehirn deutlich erniedrigte Cholin- und Acetylcholin-Konzentrationen aufwiesen. Cholin-Mangel führt zu steigender Durchlässigkeit und sinkender Integrität der Myelin-Ummantelung – die als schützende Isolationsschicht die Nervenzellen umgeben – sowie zur vermehrten Entstehung des nervenschädigenden Stoffs Amyloid. Durch die Erhöhung der Cholin-Zufuhr können die neuronalen Zellmembranen vor Strukturveränderungen und Funktionsverlust geschützt und der Acetycholin-Spiegel und damit die Gedächtnisfähigkeit direkt gesteigert werden.

Bewegungsstörungen

Häufige Folge eines gestörten Acetylcholin-Systems im Gehirn sind auch motorische Störungen der Bewegungsabläufe. Menschen mit Morbus Parkinson und anderen Neuropathien (Erkrankungen des Nervensystems), die zu Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit führen, können von Cholin-Gaben daher profitieren.

Verbesserung der Hirnfunktionen
Cholin ist bei allen körpereigenen Prozessen des Gehirns involviert. Das Abrufen von Erinnerungen sowie das Einprägen neuer Informationen, also das Gedächtnisvermögen, spricht besonders auf die Supplementierung von Cholin an. Durch eine hohe Ausschüttung von Acetylcholin im Zentralnervensystem wird die Lern- und Gedächtnisleistung signifikant gesteigert.

Alkoholkonsum
Alkoholkonsum hat einen direkt senkenden Effekt auf den Cholin-Spiegel im Blut und in der Leber. Bei starkem Alkoholmissbrauch kann es daher zu Fettleber und Leberfunktionsstörungen kommen. Cholin kann Leberschäden zum Teil verringern und ablaufende Heilungs- und Regenerationsprozesse der Hepatozyten (Leberzellen) beschleunigen.

Unterstützung der Leber
Cholin stimuliert zudem die für die Entgiftung von Medikamenten, Alkohol und toxischen Umweltschadstoffen notwendigen Enzyme.

Gallenstein-Prophylaxe
Cholin vermindert Cholesterin-Ablagerungen in Form von Gallensteinen.

Herz-Kreislauf-Störungen
Cholin hat zwei positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System: Die Senkung der Cholesterin- und Triglyceridwerte: Dieser Mechanismus entlastet sowohl die Leber als auch die Gefäße. Zudem hat Cholin einen festigenden, Stabilität gebende Einfluss auf die Kapillarwände.

Erhöhter Bedarf und Mangel

Häufigste Ursachen für erhöhten Bedarf
• Geringe Zufuhr mit der Nahrung: Die tägliche Zufuhr von Cholin über die Nahrung gilt in Westeuropa als zu gering.
• Mangel an B-Vitaminen: Vor allem eine unzureichende Folsäure- oder Vitamin-B12-Zufuhr erhöhen den Cholin-Bedarf stark.
• Hoher Alkoholkonsum: Regelmäßiger Alkoholkonsum senkt direkt den Cholin-Gehalt des Körpers.
• Fettverdauungsstörungen: Bei Fettmalabsorption (Fettverdauungsstörungen) kann Cholin nur unzureichend aufgenommen werden.
• Chronische Erkrankungen: Verschiedene chronische Erkrankungen erhöhen das Risiko für einen Cholin-Mangel z.B. Darm-, Leber- und Bauchspeicheldrüsen-Erkrankungen.
• Wachstum: Der Cholin-Bedarf ist während der Schwangerschaft und Stillzeit erhöht

Mangelsymptome
• Störungen der Gedächtnis- und Konzentrationsleistungen
• Schlafstörungen
• Leberverfettung mit der Folge von Leberschäden
• erhöhtes Risiko für Leberkrebs
• gestörte Nierenfunktion
• verminderte Produktion von Erythrozyten (rote Blutkörperchen)
• Unfruchtbarkeit
• Bluthochdruck
• Ablagerung von LDL-Cholesterin in den Gefäßwänden (Arteriosklerose-Entwicklung)

Zufuhrempfehlung und Einnahmehinweise

Zufuhrempfehlung
Von der nationalen Akademie der Wissenschaften der Vereinigten Staaten (National Academy of Science, NAS) wird gesunden Menschen eine tägliche Zufuhr von 550 mg Cholin für Männer und 425 mg für Frauen empfohlen. Abhängig von der Indikation (Prävention/akute Erkrankungen) wird Cholin üblicherweise in einer Dosierung von 100 bis 2.500 mg pro Tag eingenommen.

Gegenanzeigen, Sicherheit
• Bei Dosierungen von bis zu 10 g Cholin täglich wurden keine Nebenwirkungen beobachtet.
• Bei behandlungsbedürftigen Erkrankungen, der Einnahme von Medikamenten und in der Schwangerschaft und Stillzeit ist zudem mit dem behandelnden Arzt Rücksprache zu halten.

Hinweise zur Einnahme
Für die Bildung des Neurotransmitters Acetylcholin haben sich kombinierte Einnahmen von Inositol und Cholin (im Verhältnis von 2:1) bewährt.
Die Tagesdosierung sollte über den Tag verteilt zu den Mahlzeiten eingenommen werden.

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Weiterführende Quellen: